Novelle des Ärztegesetzes (ÄrzteG)

20. Dezember 2018

Die (umstrittene) geplante Maßnahme der Erweiterung des ärztlichen Vorbehaltstätigkeitsbereiches um komplementärmedizinische Maßnahmen wurde zurückgenommen. Novelliert wurden schlussendlich die Themen Notfallmedizin, Anstellungsmöglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten und die ärztliche Begleitung von Sterbenden.

Folgende Maßnahmen bzw. Punkte sind schlussendlich novelliert worden:

  1. Ausbildung Notärztin/Notarzt: Die Notwendigkeit einer  qualitativen  Verbesserung  der  notärztlichen  Qualifikation  bedingt  eine Neukonzeption,  die  sich  aus  einem  erweiterten  Lehrgang  mit  80  Einheiten,  einem  definierten notärztlichen klinischen Kompetenzerwerb sowie einer Abschlussprüfung zusammensetzen soll. Das  Erlernen  der  spezifischen  notfallmedizinischen  Fertigkeiten  soll  durch  bestmögliche  Nutzung  der durch die neue Ärzteausbildung geschaffenen Ressourcen (beginnend mit der Basisausbildung, die bereits notfallmedizinische Kenntnisse vermittelt) im Rahmen des allgemeinärztlichen und fachärztlichen Turnus an anerkannten Ausbildungsstätten erfolgen. Der Österreichischen Ärztekammer sollen im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereichs die Erlassung einer  entsprechenden  Verordnung  sowie  die  Vollziehung  der  mit  der  notärztlichen  Qualifikation verbundenen behördlichen Aufgaben obliegen. (vgl. Erl RV, 385 der Blg XXVI. GP)
  2. Anstellungsmöglichkeit von Ärztinnen/Ärzten: Durch die Bereitstellung eines klaren berufsrechtlichen Rahmens für die ärztliche Leistungserbringung im Wege der Anstellung  von  Ärztinnen/Ärzten  in  einer  Ordinationsstätte  oder  Gruppenpraxis  soll  diesem breiten  gesundheitspolitischen  Anliegen,  das  unter  anderem  auch  von  der Landesgesundheitsreferentlnnenkonferenz mitgetragen wird, entsprochen werden. Diese Regelung  lässt  auch  positive  Synergieeffekte  erwarten: Im  Besonderen  soll  die  geregelte  Anstellungsmöglichkeit  eine  Attraktivierung  der  ärztlichen Berufsausübung,  auch  im  Hinblick  auf  die  Vereinbarkeit  von  Beruf  und  Familie,  bewirken.  Durch die Einbindung  von  zusätzlichen  Ärztinnen/Ärzten  in  Ordinationsstäten  und  Gruppenpraxen,  einschließlich Primärversorgungseinheiten  gemäß  Primärversorgungsgesetz  (PrimVG)  werden breitere  Gestaltungsräume  für  die  Leistungserbringung  geschaffen,  sodass  jedenfalls  indirekt  die  Rolle der  Hausärztinnen/Hausärzte  und  die  Gesundheitsversorgung  vor  Ort  gestärkt  werden.  Dabei  wird  die geplante Flexibilisierung der Kassenvertragsstrukturen, vor allem im ländlichen Raum, von maßgeblicher Bedeutung  sein.  Gleichzeitig kann  in  der  neuen  Regelung  auch  ein  Beitrag  zur  Etablierung  der Primärversorgung durch Primärversorgungseinheiten erblickt werden. Einschränkungen sind hinsichtlich der möglich zu beschäftigenden Personenanzahl gegeben. (vgl. Erl RV, 385 der Blg XXVI. GP)
  3. Ärztlicher Beistand für Sterbende: Der demografischen Wandel  gibt  seit  einiger  Zeit  vermehrt  Anlass  zu  Überlegungen  zum  Thema Lebensende  und  den  damit  verbundenen  Fragen  der  Würde  des  Menschen  und  entsprechenden Entwicklungen  in  der  Medizin.  Der  Bedarf  an  qualitätsgesicherter  Palliativmedizin  zeigt  sich  an  der Aufnahme der Palliativmedizin als Spezialisierung in die Spezialisierungsverordnung 2017 (SpezV 2017) der Österreichischen Ärztekammer. Auch das Gesundheits-  und Krankenpflegegesetz (GuKG)  sieht  seit  der  GuKG-Novelle 2016  für  den  gehobenen  Dienst  für Gesundheits- und Krankenpflege eine Spezialisierung „Hospiz- und Palliativversorgung“ vor. Dass  hier  ein  ethischer  Grenzbereich  und  große  Unsicherheit  bei  Ärztinnen/Ärzten,  die  auch  zum Nachteil der Patientinnen/Patienten gereichen kann, gegeben ist, hat sich zuletzt im Fall eines Arztes in Salzburg  gezeigt.  Dem Arzt  wurde  zur  Last  gelegt,  einer  79-jährigen  Patientin  so  viel  Morphin verabreicht  zu  haben,  dass  sie  daran  starb.  Wenngleich  nach  dem  zunächst  erhobenen  Mordvorwurf schlussendlich  auch  ein  Freispruch  vom  Vorwurf  der  fahrlässigen  Tötung  erfolgte,  blieben  gerade  auf dem Gebiet der Palliativmedizin Unbehagen und große Verunsicherung zurück. Die Regelung erfasst einen  von  der  Patientin/vom  Patienten  ausdrücklich  bzw.  nach  dem  ermittelten  (auch mutmaßlichen) Willen gewünschten Therapierückzug ab (Ablehnung einer Behandlung), wobei die Entscheidung für palliative Maßnahmen kurative Maßnahmen nicht ausschließt. Willensbildungs- und Handlungsfähigkeit  der  Patientin/des  Patienten  vorausgesetzt,  ist  mit  deren/dessen  Einwilligung  in Maßnahmen der Palliativmedizin als Alternative zur bisherigen Behandlung oder zu dieser hinzutretend auch die gebotene Rechtssicherheit für die Behandlerinnen/Behandler gegeben. (vgl. Erl RV, 385 der Blg XXVI. GP)